Studienteilnehmende gesucht!
- Daniel Hammes
- 1. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Juni
Die Rekrutierung von genügend Teilnehmenden ist für den Erfolg klinischer Studien essenziell – und bleibt dennoch eine der grössten Herausforderungen. Am DKF wird deshalb gezielt daran gearbeitet, Forschende systematisch zu unterstützen: Von der Planungsphase über die Kommunikation bis hin zum Echtzeit-Monitoring der Rekrutierungszahlen.
Fast alle Forschenden kennen die Problematik: Die Rekrutierung läuft schleppend, die Studie verzögert sich. Im schlimmsten Fall wird die angestrebte Stichprobengrösse nicht erreicht und die Studie muss vorzeitig abgebrochen werden. Auch wenn die bereits gesammelten Daten in solchen Fällen noch ausgewertet werden können – ihr wissenschaftlicher Wert ist eingeschränkt.
Insbesondere Investigator-initiierte randomisiert-kontrollierte Studien sind häufig von vorzeitigen Studienabbrüchen betroffen. Der häufigste Grund sind Verzögerungen bei der Rekrutierung (1).
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Die zehn häufigsten Ursachen für unzureichende Rekrutierung
Die Gründe für Rekrutierungsprobleme sind vielfältig. Manchmal sind es studienmethodische Gründe wie z.B. zu strikte Ein- oder Ausschlusskriterien, welche aus wissenschaftlicher Sicht gar nicht unbedingt notwendig sind, aber zu viele potenzielle Teilnehmende von vornherein ausschliessen. Aber auch die Prozesse rund um die Rekrutierung selbst, einschliesslich der Kommunikationsstrategie, spielen eine wichtige Rolle.
Das DKF hat aus der Forschungspraxis heraus eine Liste mit den zehn häufigsten Ursachen für unzureichende Rekrutierung erstellt. Sie beruht auf einer Veröffentlichung der Auswertung von semistrukturierten Interviews mit Stakeholdern aus der klinischen Forschung in der Schweiz, Deutschland und Kanada (2) und enthält konkrete Lösungsansätze und Hilfestellungen.
Besonders entscheidend ist, ein frühes Augenmerk auf die Rekrutierung zu werfen, nämlich bereits in der Konzept- und Planungsphase einer Studie. Häufig wird die potenzielle Zahl an Teilnehmenden überschätzt. Eine strukturierte Herangehensweise ist hier zielführend. Oft können vorliegende Routinedaten aus dem Spital beispielsweise nach Ein- und Ausschlusskriterien gefiltert und für die weiteren Abschätzungen genutzt werden. Darauf aufbauend ermöglichen Annahmen und Erfahrungswerte, etwa zur Einwilligungsrate in ähnlichen Studien, eine realistische Einschätzung. So kann frühzeitig entschieden werden, ob weitere Studienzentren einbezogen oder die Studienmethodik angepasst werden muss. Eine Back-Up Strategie inkl. Liste von Zentren, welche nach Bedarf hinzugezogen werden können, kann hilfreich sein, um Rekrutierungsproblemen entgegenwirken zu können. Ein- und Ausschlusskriterien sollten eingehend dahingehend überprüft werden, ob sie für die Fragestellung wirklich notwendig sind und die Population nicht unnötig einschränken.
Kommunikation und Marketing als Schlüsselrolle
Kommunikation ist ein oft unterschätzter Erfolgsfaktor. Eine Kommunikationsstrategie muss systematisch geplant und auf die jeweilige Studie abgestimmt werden.
Hilfreich ist dabei die Übertragung des aus dem Marketing bekannten Modells der Customer Journey auf die klinische Forschung. Die Participant Journey beschreibt die Etappen, die eine Studienteilnehmerin oder ein Studienteilnehmer durchläuft – vom ersten Kontakt bis über den Abschluss der Studie hinaus.
An jedem dieser sogenannten «Touchpoints» können Informations- und Kommunikationsmassnahmen entscheidend wirken. Für Studien mit Rekrutierung aus der klinischen Routine – etwa aus der Sprechstunde – empfiehlt sich ansprechendes Informationsmaterial für das persönliche Gespräch. Andere Studien hingegen profitieren von gezielter Werbung wie Online-Kampagnen, Social Media oder Inseraten. Auch Studienwebsites findet man immer häufiger.

Dabei gilt: Einzelne Massnahmen dürfen nicht isoliert betrachtet werden. So nützt ein aufmerksamkeitsstarkes Studieninserat wenig, wenn das anschliessende Aufklärungsgespräch oder die Betreuung nicht überzeugen. Auch umgekehrt kann die fehlende Sichtbarkeit einer Studie verhindern, dass überhaupt ausreichend Personen erreicht werden – selbst, wenn die Betreuung vorbildlich ist. Patient and Public Involvement (PPI) kann dabei wesentlich unterstützen. Die Einbeziehung von Patientinnen und Patienten bei der Planung hilft, kritische «Touchpoints» zu identifizieren und die Prozesse aus Sicht der Teilnehmenden optimal zu gestalten.
Die interne Kommunikation im Studienteam sollte nicht unterschätzt werden. Motivation, klare Informationen und einheitliche Abläufe sind wichtig für den Erfolg. Auch hier können Kommunikationsmittel sehr wirksam sein, gerade bei grossen Studien mit mehreren Studienzentren. Über interne Newsletter können regelmässig Informationen geteilt und Studienteams motiviert werden. Auch können ansprechende Informationsmaterialien, welche sich nicht an die Teilnehmenden richten, sondern als Unterstützung der rekrutierenden Personen dienen, sehr sinnvoll sein – gerade bei komplexen Studiendesigns.
Rekrutierung unter Kontrolle – Echtzeit-Monitoring macht es möglich
Trotz sorgfältiger Planung und Kommunikation können sich Rekrutierungszahlen im Studienverlauf anders entwickeln als erwartet. Daher ist eine kontinuierliche und systematische Kontrolle sehr wertvoll. Das DKF hat hierfür das Monitoring-Tool CENTRAC entwickelt. Es ermöglicht, Rekrutierungszahlen aus secuTrial®-Datenbanken in Echtzeit auszulesen und übersichtlich im Browserfenster zu visualisieren.
Das Ziel: Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und gezielt gegensteuern zu können. Dies umfasst auch, Schwachstellen im Rekrutierungsprozess zu analysieren und notwendige Anpassungen vorzunehmen. Auf diese Weise kann mit möglichst geringer Verzögerung auf die Suche gegangen werden.
CENTRAC wird derzeit in laufenden Studien pilotmässig eingesetzt und getestet, um herauszufinden, wie hilfreich eine zeitnahe und datenbasierte Steuerung in der Praxis sein kann.

Fazit: Viele Faktoren bedingen eine erfolgreiche Rekrutierung
Eine erfolgreiche Rekrutierung ist ein Zusammenspiel vieler Faktoren. Studienkonzeption, Kommunikation, interne Abläufe und begleitendes Rekrutierungs-Monitoring müssen ineinandergreifen.
Referenzen
Kasenda, B. et al. Prevalence, Characteristics, and Publication of Discontinued Randomized Trials. JAMA 311, 1045 (2014).
Briel, M. et al. Exploring reasons for recruitment failure in clinical trials: a qualitative study with clinical trial stakeholders in Switzerland, Germany, and Canada. Trials 22, 844 (2021).
Unterstützung für ForschendeDie DKF-Scientific Services bieten Forschenden umfassende Unterstützung auf diesem Weg. Mit systematischen Planungs-Tools, strategischer Beratung, dem Einbezug von PPI sowie datenbasiertem Rekrutierungs-Monitoring werden die Weichen für den Studienerfolg gestellt. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf der DKF-Website: Erfolgreiches Rekrutieren von Studienteilnehmenden DKF-Scientific Service Kommunikation DKF-Scientific Service PPI |
Aufzeichnungen vergangener Clinical Research Update Seminare zum Thema Rekrutierung:
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