Kupfer statt Gallium
- DKF
- 1. Juni
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Aktualisiert: vor 5 Tagen
COPPER PET in NET Studie: Klinische Translation eines neu entwickelten Liganden für die PET/CT Bildgebung zur Lokalisierung neuroendokriner Tumore
Die COPPER PET in NET-Studienleitung: Prof. Dr. phil. Melpomeni Fani, Entwicklung & Herstellung, Prof. Dr. phil. Dr. med. Damian Wild, Sponsor-Investigator, Dr. med. Guillaume P. Nicolas, Studienleiter
Hintergrund
Neuroendokrine Tumore (NET) stellen eine heterogene Gruppe seltener Tumoren dar, die häufig Somatostatin Rezeptoren – insbesondere den Subtyp 2 (SSTR2) – in hoher Dichte auf ihrer Zelloberfläche ausbilden. Diese Eigenschaft ermöglicht eine gezielte Bildgebung und Therapie mit Radiopharmazeutika, die spezifisch an Tumoren mit Somatostatin-Rezeptor-2 (SSTR2) -Expression binden. In der klinischen Routine wird dafür die PET/CT-Bildgebung eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus zwei Verfahren: Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) zeigt molekulare Strukturen wie zum Beispiel die SSTR2 Expression im Körper, während die Computertomographie (CT) präzise anatomische Strukturen darstellt. Gemeinsam liefern sie ein detailliertes Bild über Lage und Aktivität zum Beispiel von neuroendokrinen Tumoren. Typischerweise wird dazu eine Substanz wie ⁶⁸Ga-DOTA-TOC verwendet, einen Gallium-68 (⁶⁸Ga) -markierten SSTR2-Agonisten.
In enger Zusammenarbeit mit der Nuclidium AG hat die Radiopharmazie des Universitätsspitals Basel unter der Leitung von Prof. Melpomeni Fani einen neuartigen, Kupfer-61 (⁶¹Cu)-markierten SSTR2-Antagonisten, ⁶¹Cu-NODAGA-LM3, entwickelt. Dieser Ligand vereint die Vorteile eines SSTR2-Antagonisten mit den Vorteilen des Zyklotron-produzierten Kupfer-61: SSTR2 Antagonisten, wie beispielsweise ⁶¹Cu-NODAGA-LM3, binden an deutlich mehr Bindungsstellen am SSTR2 im Vergleich zu SSTR2-Agonisten, was zu einer höheren Anreicherung im Tumorgewebe und längerer Verweildauer führt. Das Kupfer-61 weist im Vergleich zu Gallium-68 eine längere Halbwertszeit, eine höhere Produktionskapazität und eine bessere Bildqualität auf. Letztere resultiert insbesondere aus der Möglichkeit, die Bildgebung zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen, was eine Optimierung des Tumor-zu-Hintergrund-Kontrasts ermöglicht. Die längere Halbwertszeit und effizientere Herstellung erleichtern die klinische Logistik und verbessern zugleich den Zugang – auch international – zu dieser hochwertigen PET/CT Bildgebung.
Forschungsfrage
In dieser First-in-Human-Studie erfolgt die Evaluation der Sicherheit, Dosimetrie, Pharmakokinetik, Bildqualität und Sensitivität der neuen Substanz ⁶¹Cu-NODAGA-LM3 PET/CT.
Studienmethodik
Die klinische Translation erfolgt derzeit im Rahmen einer am Universitätsspital Basel (USB) initiierten, prospektiven, randomisierten, kontrollierten, Leser-verblindeten Phase I/II Studie. Neben der Prüfung der Sicherheit, vergleicht die Studie die Sensitivität und Bildqualität des neuen Radiopharmazeutikums ⁶¹Cu-NODAGA-LM3 mit dem standardmässig verwendeten Radiopharmazeutikums ⁶⁸Ga-DOTA-TOC bei Patientinnen und Patienten mit gut differenzierten, SSTR2-positiven neuroendokrinen Tumoren des gastroenteropankreatischen oder bronchopulmonalen Systems.
Jede Patientin und jeder Patient erhält beide Substanzen innerhalb eines Monats, wobei die PET/CT-Bildgebung mit ⁶¹Cu-NODAGA-LM3 sowohl eine Stunde als auch drei Stunden nach Injektion erfolgt. In einer Teilgruppe wird zusätzlich ein Scan nach 18 Stunden zur Dosimetrie durchgeführt. Als Referenzstandard dienen Biopsie und/oder Composite-Bildgebung über zwei bis sieben Monate im Verlauf.
Bedeutung der Studie
Die bisher untersuchten Patientinnen und Patienten zeigten eine exzellente Verträglichkeit des neuen Tracers. ⁶¹Cu-NODAGA-LM3 weist eine schnelle Blut-Clearance, und im Vergleich zu ⁶⁸Ga-DOTA-TOC eine geringere Hintergrundaufnahme in Leber und Milz sowie eine höhere Tumoraufnahme auf – mit insgesamt verbessertem Tumor-zu-Hintergrund-Kontrast und in mehreren Fällen sogar zusätzlichem Tumornachweis.
Die effektive Strahlendosis lag mit durchschnittlich 5,0 mSv im Bereich etablierter PET-Tracer. In der verblindeten Bildbewertung wurde die Bildqualität von ⁶¹Cu-NODAGA-LM3 in acht von neun Fällen als überlegen eingestuft.
Das neu entwickelte Kuper-61 könnte die Verfügbarkeit der SSTR2 PET/CT in der Schweiz und weltweit verbessern. Gleichzeitig hat die Kombination von Kupfer-61 und dem Liganden NODAGA-LM3 das Potenzial die Sensitivität der SSTR2 PET/CT Bildgebung weiter zu verbessern.
Mitwirkende Institutionen
Universitätsspital Basel (Radiopharmazeutische Chemie & Nuklearmedizin)
Universitätsspital Zürich (Zentrum für Radiopharmazie)
Neuroendocrine Tumor Research Foundation, USA (Förderbeitrag)
Nuclidium AG, Basel (Finanzierung und Bereitstellung 61Cu)
Studienleitung
Dr. med. Guillaume P. Nicolas, Studienleiter
Prof. Dr. phil. Dr. med. Damian Wild, Sponsor-Investigator
Prof. Dr. phil. Melpomeni Fani, Entwicklung & Herstellung
DKF-Scientific Services
Data Management, Monitoring, Statistik
Über die Autoren dieses Berichts
Prof. Dr. phil. Melpomeni Fani
Leiterin Radiopharmazeutische Chemie, Universitätsspital Basel
Spezialisierung
Radiopharmazie, Onkologie
Forschungsgebiet
Entwicklung zielgerichteter Radiopharmazeutika für onkologische Indikationen in präklinischen und klinischen Studien, Theragnostik
Klinische Tätigkeit
Seit 2018 Leiterin Radiopharmazeutische Chemie, Universitätsspital Basel
2015-2018 Leiterin R&D, Radiopharmazeutische Chemie, Universitätsspital Basel
2012-2015 Leiterin Qualitätskontrolle, Radiopharmazeutische Chemie, Universitätsspital Basel
2006-2012 R&D Radiopharmazeutika, Universitätsspital Basel und Universitätsklinikum Freiburg (D)
2003-2006 R&D Radiopharmazeutika, Biomedica Life Sciences, S.A., Athen (GR)
Wissenschaftliche Tätigkeit
Seit 2020 DKF-Forschungsgruppenleiterin
2003 PhD Radiochemie, University of Athens, Athen (GR)
1995-2000 MSc/BSc Biochemie/Chemie, University of Athens und University of Thessaloniki (GR)
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